Recherchieren zu spannenden Fragestellungen hat mir immer großen Spaß gemacht. Eine beinahe detektivisch motivierte Neugier treibt mich dabei an. Die Leidenschaft andere für Kulturgeschichte zu interessieren, mitzureißen, Historisches zu hinterfragen, kommt hinzu. Alles zusammen brachte mich nach dem Studium zur Museumsarbeit. Aber auf eigene Faust ein Buchprojekt zu realisieren, dass dies gelingen könnte, hätte ich vor einem Jahr noch nicht für möglich gehalten. Einige Menschen, vor allem Frauen, haben mich schließlich dazu ermutigt und auf Durststrecken darin bestärkt.
Die Idee zum Buchprojekt entstand während meiner Aufsichtsstunden im Schlierseer Heimatmuseum. Auslöser war der Anblick einer gemalten Szene auf einer Holztafel im Halbdunkel des Dachraumes, in deren Mittelpunkt eine junge Frau in Schlierseer Tracht um 1800 zu sehen war. Dieses Mädchen faszinierte mich, denn sie ruderte zwei Männer, einen mit Gitarre, den anderen mit einer Malermappe über den See. Die jungen Leute wirkten euphorisch, wie im Triumph über Moralvorstellungen, Sorgen und Pflichten des Alltags. Sie werden sagen, nichts Ungewöhnliches für die wilde, romantische Jugendzeit. Doch für das Jahr 1822 lag hier die Wiedergabe eines zunächst durchaus erstaunlichen Frauenbildes vor. Die spannende Frage drängte sich mir auf, wie kam es in der Zeit des beginnenden konservativen, von Männern regierten, Biedermeier, zu diesem Motiv?
Anfangs gingen meine Recherchen zur Entstehungsgeschichte des Bildes nur sehr zäh voran und es brauchte einige glückliche Zufälle. Beispielsweise fiel mir eine wichtige Quelle in die Hände. Unter den hinterlassenen Dingen der Vorbesitzerin unseres Hauses befand sich eine Erstausgabe des Bairischen Seebuches von Heinrich Noë. Die Lage schien insgesamt trotz dieses glücklichen Umstandes nicht einfach für ein Buchprojekt mit wissenschaftlichem Anspruch. Außer der im Ort erzählten Anekdote über die „Fischerlisl“ mit König Max auf dem See und einem Artikel von Ernst Rattelmüller aus den 1970er Jahren schien man nicht viel über sie erfahren zu können. Und wenn ich eine Erwähnung fand, hatte der Autor vergessen, seine Quelle anzugeben. Erst im Genre der Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts berichteten Zeitgenossen in den ersten Touristenführern über die schöne, charismatische „Fischerlisl vom Schliersee“. Auch die Schlierseer Häuserchronik von Gerhard Wittich half mir anfangs beim Faktencheck.
Über Jahre trug mich das Vorhaben, Alles über sie herauszufinden, stellte meine Ausdauer teils auf harte Proben. Aber es hat sich gelohnt. Nun liegt nicht nur die Biographie vor, ich habe wieder in meinen Beruf zurückgefunden. Die Verwurzelung der Lebensgeschichte dieser besonderen, in ihrer Zeit verehrten Elisabeth Eglgraser (trotz oder gerade wegen ihres freien Lebens) in der bayerischen Kulturgeschichte ermöglichte es, Einiges an vorhandenem Wissen richtig einzuordnen.